Die WAV-Bürgerinitiative und das Bündnis für Bernau (BfB) fordern seit 34 Wochen auf dem Bernauer Marktplatz das reine Gebührenmodell. Auch DIE LINKE forderte stets die Umstellung auf ein Gebührenmodell. CDU/FDP, SPD und die freie Fraktion plädierten fortdauernd für das bisherige Beitragsmodell. Am gestrigen Abend beriet die Stadtverordnetenversammlung (SVV) in einer dreistündigen Sondersitzung über den Antrag der CDU/FDP-Fraktion zu einer Bürgerbefragung, ob die Bernauer Bürger die Beibehaltung der mischfinanzierten Beitragsmodells des Wasser- und Abwasserverbandes Panke/Finow oder die Umstellung auf ein reines Gebührenmodell wollen. Die Bürgerumfrage kommt nun „unverzüglich“
Von der einreichenden CDU/FDP-Fraktion stellte Othmar Nickel den Antrag zur Bürgerbefragung vor: „Das einzige, das ich mir vorzuwerfen habe ist, dass wir erst jetzt diesen Antrag einbringen. Dieses Thema bewegt Bernau und wir möchten, dass jeder Bernauer Bürger die Möglichkeit bekommt sich umfassend zu informieren und seine Stimme abzugeben. Bitte unterstützen Sie unseren Antrag.“ appellierte der Bernauer Oberschuldirektor an die anderen Fraktionen der SVV.
Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE) hielt es zunächst für „unverantwortlich“ die Bürger in einer Zwiespalt zu bringen. „Die Bürger wissen nicht worum es geht.“, betonte sie. Auch ihre Fraktionskollegin Margot Ziemann findet, dass eine Bürgerbefragung „den sozialen Unfrieden in der Stadt nur fördere.“ Dr. Dirk Weßlau (unabhängige Fraktion) beititelte anfangs den Antrag, nach dem Motto „Bürgerbeteiligung ja - Bürgerbefragung nein“, sogar als „Schwachsinn“. Immer wieder wurde kritisiert, dass es keine verbindlichen Zahlen zum Gebührenmodell gäbe.
Renate Richter (freie Fraktion) verwies vehement auf das WIBERA-Gutachten von 2012: „Die Zahlen liegen uns allen vor. Die Fakten verändern sich in einem neuen Gutachten, wenn überhaupt, nur minimal. Lassen Sie uns die Bürger dazu befragen.“ Immer wieder war aus den Zuschauerreihen „pfui“ oder „So doof kann man ja gar nicht sein.“ zu hören.
Tatsächlich aber kommt das WIBERA-Institut in dem Gutachten zu dem Schluss, dass bei einer Umstellung auf ein reines Gebührenmodell nicht nur der Gebührensatz aller Bernauer Bürger steigt, sondern der Wasser- und Abwasserverbandes Panke/Finow durch die Rückzahlungen der Beiträge eine erhebliche Fremdkapitalquote aufweisen würde, die nahezu zur Überschuldung führt. Zudem hat die Kommunalaufsicht eine erneute Kreditaufnahme bisher abgelehnt.
Auch die SPD sprach für eine Bürgerbefragung, wenn die Aufklärung der Bürger sichergestellt sei. Jürgen Althaus betonte, „die Kompromissvorschläge der SPD zur Finanzierung des WAVs wurden von der WAV-Bürgerinitiative weder diskutiert noch angenommen. Weil es aber alle Bernauer betrifft, sollten wir sie auch befragen.“
Die von Peter Vida (unabhängigen Fraktion) beantragte Vertagung brachte Klarheit über die Mehrheitsverhältnisse in der SVV zu diesem Thema. Die Vertagung wurde mit 15 zu 16 Stimmen abgelehnt. Das Abstimmungsverhalten regte zum Umdenken an. Wenn eine Bürgerbefragung nicht verhindert werden kann, gestaltet man sie besser mit.
So wurde die Beschlussvorlage von einer „sofortigen“ Befragung in eine Bürgerbefragung, die „unverzüglich“ durchzuführen ist geändert - mit dem Zusatz, dass der Hautpausschuss der SVV die Fragestellung und den Informationsgehalt mitbestimmt. Durchgeführt wird diese von der Stadtverwaltung Bernau. Mit dieser Änderung unterzeichneten nach dreistündiger Debatte alle Fraktionen der Bernauer Stadtverordnetenversammlung den Antrag und stimmten ihm zu.